"Ohne den rechten Caritasgeist ist alles nichts"
Weniger mit klassischen Reden und mehr mit gedanklichen sowie meditativen Impulsen zu seinem Jubiläumsmotto „Ohne Liebe ist alles nichts“ hat der Caritasverband für die Diözese Eichstätt gestern sein 100-jähriges Jubiläum gefeiert. Über 200 Verantwortliche und Mitarbeitende aus Caritas, Kirche und Politik nahmen an der Festveranstaltung im Eichstätter Stadttheater teil. Sie sowie viele andere Gläubige feierten zudem mit Bischof Gregor Maria Hanke einen Pontifikalgottesdienst im Dom. Eichstätts Caritasdirektor Franz Mattes stellte klar, dass der Fokus des Jubiläumsjahres auf dem Caritasgeist liegen sollte. „Wenn er nicht stimmt, gehen selbst unser bestes Arbeiten und die klügsten Strategien ins Leere“, so Mattes. Daher könne man das Jubiläumsmotto auch abwandeln und sagen: „Ohne den rechten Caritasgeist ist alles nichts.“
Deshalb wurde wie schon bei anderen Initiativen zum Eichstätter Caritasjubiläum in diesem Jahr auch bei der gestrigen Hauptveranstaltung nicht die Geschichte des Verbandes akribisch nacherzählt und wurden auch keine visionären Zukunftsstrategien angestoßen. Bischof Hanke betonte in seiner Predigt vielmehr die grundsätzliche Bedeutung caritativen Handelns in der Kirche. Dabei gehe es darum, „die Menschlichkeit unseres christlichen Glaubens sichtbar zu machen“. Christlicher Caritas gehe es nicht nur darum, Not zu lindern und sich für Schwache zu engagieren, sondern gemäß des Jubiläumsmottos Gottes Liebe in die Welt zu tragen. „Caritas lebt von Gesichtern und Herzen“, so der Bischof, unabhängig davon, ob sie der einzelne Christ oder die Organisation mit fachlicher Kompetenz praktiziert.
Aktion „Herzenswünsche“ abgeschlossen
In diesem Sinne fand bei dem Gottesdienst auch die Aktion „Herzenswünsche“ des Caritasverbandes ihren Abschluss. Sieben Leitungspersonen von Caritaseinrichtungen sprachen Fürbitten und warfen sie in Briefchen in die im Altarraum aufgestellte XXL-Spendendose. Auf diese Weise hatten seit Anfang des Jubiläumsjahres zahlreiche Mitarbeitende und Betreute der Caritas ihre innigsten Wünsche vor Gott gebracht. Beim gestrigen Gottesdienst geschah dies zeichenhaft im Zusammenhang mit den Gaben der Eucharistiefeier und der Kollekte. Bei dieser wurde für die Arbeit des Hilfswerkes Caritas international in derzeitigen Katastrophengebieten gesammelt: zum Beispiel für Hungernde im Jemen, Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch oder Flutopfer in Indien. Konzelebranten des Bischofs bei der heiligen Messe waren der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Dr. Peter Neher, Landes-Caritasdirektor Prälat Bernhard Piendl, Caritasdirektor Franz Mattes sowie die ehemalige Eichstätter Caritasdirektoren Johannes Schmidt und Rainer Brummer. Musikalisch wurde der Gottesdienst von der Jugendkantorei am Eichstätter Dom unter der Leitung von Domkapellmeister Christian Heiß und dem Domorganisten Martin Bernreuther sowie Trompeterspieler Martin Linck umrahmt.
Bei der Festveranstaltung erhielten die geladenen Gäste zahlreiche grundsätzliche wie praktische Eindrücke über Caritasarbeit beim Festvortrag der emeritierten Erlanger Theologieprofessorin DDr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, in Kurzinterviews des Radio K1-Redakteurs Bernhard Löhlein mit Caritas-Präsident Neher und Landes-Caritasdirektor Piendl sowie in einer Videopräsentation, die Karl Ferstl und Dr. Andrea Schödl von der Caritas-Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet hatten. Gerl-Falkowitz sagte, Liebe im christlichen Sinne sei „ins Göttliche geöffnet“ und ein Horizont, und zu ihm „befinden wir uns schon auf der Zielgeraden“. Für den konkreten Caritasdienst warnte sie aber vor Überforderung „ohne Maßhalten“ und erklärte: „Alle Liebe gründet in der Selbstliebe“. Ansprüche müssten auf das Leistbare begrenzt werden. Sie sprach sich gegen eine Auffassung von Caritas im Sinne von „gefühlsmäßigem Wohltun“ aus, ebenso aber auch dagegen, Caritas als „Job“ zu verstehen. „Wer Caritasarbeit vor allem zum Geldverdienen tut, macht auf Dauer keinen guten Job“, brachte sie auf den Punkt.
Worauf es für den Caritasdienst ankommt, beantwortete Präsident Neher mit den Worten: „Es ist ein Dienst an der Menschenfreundlichkeit Gottes.“ Neher machte zudem deutlich, dass die Hilfen der Caritas weltweit, so schwierig sie oft seien, nicht als „Tropfen auf dem heißen Stein“ verstanden werden dürften. Als Beispiele für besondere Erfolge der Arbeit des Hilfswerkes Caritas international nannte er die Verarbeitung von Traumata bei Kindern in Syrien, die Durchführung einer Impfkampagne in Nordkorea und, dass Menschen nach dem Tsunami in Südostasien „ihr Leben wieder in die Hand genommen haben“. Landes-Caritasdirektor Piendl zeigte sich auf eine aktuelle Nachfrage zur bevorstehenden Landtagswahl in Bayern besorgt, „dass extreme Positionen reinkommen, die nicht dienlich sind“. Auf die Frage, was aus seiner Sicht speziell den Caritasverband Eichstätt auszeichnet, sagte Piendl, dass er bei diesem ein „starkes kirchliches Profil“ erfährt.
„Wenn der Geist weht. Gegründet. 1918“
Eine Videopräsentation „Wenn der Geist weht. Gegründet. 1918“ machte auf meditative Weise deutlich, wie die Gründerväter des Diözesan-Caritasverbandes Eichstätt diesen Verband nach der Überzeugung „Liebe ist Dynamik, nicht Stillstand“ aufgebaut haben. Ursächlich war die drückende Not der unteren Bevölkerungsschichten, vor allem die Lage unterernährter Kinder. Der seinerzeitige Wachenzeller Pfarrer Dr. Joseph Seitz stellte zudem „Pflegenotstand auf dem Land!“ im Bistum Eichstätt fest. Für ihn war klar: „Krankenpflege auf dem Land ist Karitassache!“ Gemeinsam mit dem damaligen Domkapitular Dr. Karl Vogt entwickelte er die Idee für einen „Caritastag“. Dort wurde am 3. September 1018 die Gründung des Diözesan-Caritasverbandes beschlossen.
Einiges über die Geschichte des Verbandes findet sich im Jubiläumsbuch „Ohne Liebe ist alles nichts“. Doch wie die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr soll auch dieses 240 Seiten starke Buch mehr sein als eine Informationsquelle zur Eichstätter Caritas-Geschichte. Es kann mit seinen Gebeten, Sprüchen und anderen Impulsen auch als Orientierung im Caritas-Alltag und zum Nachdenken und Auftanken dienen. Caritasdirektor Franz Mattes und sein Stellvertreter Alfred Frank überreichten Bischof Hanke, Neher und Piendl am Festabend die ersten Exemplare. Mitarbeitende der Caritas sollen das Buch bis Ende des Jahres bekommen.