Der Mann der blonden Frau
Seit dem Tode meiner Frau sammle ich an ihrer Stelle. "Ich bin der Mann der blonden Frau mit dem weißen Rad", stellte ich mich bei der Frühjahrsaktion vor. Im Herbst konnte ich bereits davon profitieren.
Ich erhielt viel Anerkennung für meine Frau, die seit zwanzig Jahren bei jedem Wetter und trotz beruflicher Belastung unermüdlich sammelte. Stolz bin ich, dass ich ihr Ergebnis leicht übertreffen konnte. Sie hatte in dieser Zeit viel erlebt. Einmal fragte ein Kind seine Mutter: "Ist diese Frau arm, muss sie sammeln, dass ihre Kinder etwas zum Essen haben?"
Ich selbst habe ihre Erfahrungen weiterentwickelt. Läute ich an einer Haustüre, warte ich in gebührendem Abstand zur Eingangstüre die Zeit eines Vaterunsers ab, ob geöffnet wird. Wenn nicht, läute ich ein zweites Mal und habe oftmals Erfolg, jemanden anzutreffen. Bewusst habe ich ein Trachtensakko an und eine Aktentasche in der Hand, auf der ich die Information zur Sammlung halte, da ich weiß, dass ich beobachtet werde. Dadurch grenze ich mich von Personen ab, die ein Geschäft abschließen wollen.
Im Gespräch erkläre ich das Logo, das Flammenkreuz und die Tätigkeit der Caritas. Sind Kinder mit dabei, erwähne ich die Beratungsangebote für sie. Ansonsten weise ich auf die Hilfe durch die Caritas im Krankenfall hin und erwähne, dass ich auch Verständnis habe, wenn jemand nicht spenden will und frage, ob ich beim nächsten Male wieder läuten dürfe.
An einer Haustüre stellte sich im Gespräch mit einer älteren Dame heraus, dass sich die Zierleiste an ihrem Auto gelöst hatte. Ich bot mich an, ihr zu helfen, was auch gelang und sie verdoppelte ihre Spende. In einem anderen Fall bewunderte ich Pflanzen im Garten und erhielt im Herbst zwei Blumenstöcke für meinen Garten.
Sammler seit 2017