Caritastag 1918
Am 2. und 3. September 1918 fand im Gebäude der Eichstätter Aula die Versammlung statt, die schließlich zur Gründung des Caritasverbandes für die Diözese Eichstätt führte. Anwesend waren rund 70 Geistliche und Laienvertreter, um über die Notwendigkeit eines katholischen Wohlfahrtsverbandes im Bistum zu diskutieren. In der Eichstätter Lokalpresse wurde einige Tage nach der Versammlung ein ausführlicher Bericht über diesen Caritastag veröffentlicht. Allein der Umfang des Artikels mit rund 8.000 Zeichen, also einer Dreiviertelseite, zeigt das große öffentliche Interesse an dieser Verbandsgründung.
Hier finden Sie einen kurzen Auszug aus dem Artikel:
Caritas urget nos (die Liebe drängt uns) schrieb einstmals der heilige Paulus. Die Liebe ließ ihn nicht rasten und ruhen. Begeisterung für christliche Liebestätigkeit war es auch welche vom 2. bis 3. September eine stattliche Anzahl Geistliche und Laien, darunter der Monheimer und der Eichstätter katholische Frauenbund mit seiner Jugendabteilung in Eichstätt, zusammenführte zu ernsten Beratungen über die weitere Ausgestaltung christlicher Liebesarbeit. Zugleich sollte die Tagung die erste Generalversammlung des vor zwei Jahren wieder neuorganisierten Jugend-Vereins der Diözese bilden. In der Eröffnungsrede konnte der Einberufer und Leiter der Versammlung, H.H. Geistl. Rath Vogt, ein herrliches aufmunterndes Schreiben Sr. Bischöfl. Gnaden verlesen. H. H. Prälat Dr. Triller hatte eigens den dringend nötigen Urlaub verschoben, um an der Versammlung teilnehmen zu können; er überbrachte dem Herrn Vorsitzenden des Vereins für seine erfolgreiche, aber opfervolle Tätigkeit den Dank der oberhirtlichen Stelle. Der Tätigkeitsbericht über das verflossene Vereinsjahr zeigte, daß der katholische Jugendfürsorgeverein fest eingewurzelt ist und zu kräftigem Wachstum angesetzt hat, aber auch daß die Not und das Bedürfnis nach Hilfe größer ist als die gegenwärtigen Kräfte des Vereins.
[…]
Die christliche Caritastätigkeit ist die Fortsetzung der Liebestätigkeit Christi durch seine Kirche. Während der 19. Jahrhunderte ihres Bestehens ist die Liebestätigkeit das schönste Ruhmesblatt in ihrer Geschichte. Die Neuzeit stellt die Liebe vor neue Aufgaben, neue Schwierigkeiten, neue Gefahren. Mit der Neuzeit hat die Waffennot ihren Einzug gehalten, der Krieg hat sie gewaltig gesteigert. Bisher waren die Kräfte christlicher Liebestätigkeit viel zu sehr zersplittert, um Hilfe im Großen bringen zu können. Die reichen Hilfsmittel zur Linderung der Not, die der Staat, die Kreise, Distrikte, Gemeinden Versicherungsanstalten bereitstellen, können nicht ausgenützt werden, weil niemand die Armen zu diesen Quellen hinführt. Dazu muss ein Caritassekretariat geschaffen werden.
[…]
Auf das Statutenreferat des HH. Pfarrers Pemsel - Ingolstadt mit eingehender Erörterung der Satzungen folgte die Krönung der ganzen Veranstaltung: Das Organ, welches allein alle die Aufgaben christlicher Liebestätigkeit lösen kann, wurde ins Leben gerufen:
Der Diözesan-Caritasverband.
Seinen Abschluß fand dieser Akt mit der Wahl der Vorstandschaft. Die Bestimmung des Vorsitzenden wurden statutengemäß dem Hochwürdigsten Oberhirten der Diözese anheimgegeben. Nun gilt es, Anregungen und Beschlüsse zur Tat werden zu lassen. Es ist hohe Zeit, sonst wird das wichtige, auch in das Familien- und Seelenleben tief eingreifende Gebiet der Krankenpflege, der Säuglings- und Kleinkinderfürsorge für die christliche Caritas endgültig verloren sein. Als festgefügter Organismus aber, der die bisher zersplitterten Kräfte christlicher Liebestätigkeit einheitlich zusammenfaßt, kann sie mit den staatlichen Organisationen erfolgreich zusammenarbeiten; sie darf dann ein neues Ehrenblatt ihrer neunzehnhundertjährigen Geschichte beginnen.