Caritassekretär Waldmüller
Johann Baptist Waldmüller wurde am 9. September 1886 in Karm bei Hilpoltstein als Sohn einer Bauersfamilie geboren. Er hatte vier Geschwister und wechselte mit elf Jahren an das Gymnasium nach Eichstätt. Nach Abitur und Studium in Eichstätt wurde er am 29. Juni 1911 zum Priester geweiht. Seine erste Station war in Raitenbuch, dann folgten Deining und Neumarkt, bevor er 1914 als Feldgeistlicher am Ersten Weltkrieg teilnahm. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg 1918 war er in Kastl tätig. Doch schon im Sommer 1919 ernannte ihn Bischof Leo von Mergel zum Domvikar, um ihn mit der Geschäftsführung des Diözesancaritasverbandes zu betrauen. Im November 1919 wurde er zudem Bischöflicher Sekretär und im Mai 1922 zum Domprediger ernannt. Bis zu seiner Berufung zum Pfarrer von Mitteleschenbach im Juni 1925 führte Johann Baptist Waldmüller das Amt des Caritassekretärs stets in Personalunion mit oder vielmehr neben einem dieser Ämter aus. Doch das Aufgabenpensum der etablierten Stellen stand in starker Konkurrenz zu dem neuen Tätigkeitsfeld als Caritassekretär.
Der Eichstätter Verband braucht einen Sekretär
Wie spontan und beherzt die Gründung des Diözesan-Caritasverbandes am 3. September 1918 in Eichstätt war, zeigt die Tatsache, dass der Verband nach der Gründung über keinerlei Behördenstruktur verfügte. Zunächst gab es weder ein Büro noch eine dafür zuständige Person. Diese wurde erst in dem aus dem Krieg heimkehrenden Priester Johann Baptist Waldmüller gefunden. Diesen holte Bischof Leo von Mergel mit der Berufung zum Domvikar nach Eichstätt. Da den Eichstätter Verbandsgründern, insbesondere dem ersten Vorsitzenden Domkapitular Karl Vogt, eine professionelle Ausrichtung des Verbandes wichtig war, schickte er den frisch nominierten Caritassekretär zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nach Freiburg. Vom 5. August bis 25. September 1919 sollte er dort das komplexe Aufgabenfeld der Caritas-Arbeit von Grund auf lernen.
Mächtigen Aufschwung für die Sache
"Mit besonderer Freude erfüllt es mich, dass Herr Domvikar Waldmüller mit so grossem Interesse und Eifer an den Vorlesungen, Besichtigungen und praktischen Uebungen des Caritaslehrganges teilgenommen hat", schreibt Vogt am 15. Oktober 1919 an Prälat Dr. Lorenz Werthmann nach Freiburg. "Nachdem wir nun einen Caritassekretär besitzen, der nicht nur das vollste Vertrauen des Oberhirten [Bischof Leo von Mergel] geniesst, sondern nunmehr einen tiefen Blick in alle Zweige der organisierten Caritas getan hat und mit grosser Begeisterung an seine Aufgabe geht, hoffe ich, dass die Caritassache in unserer Diözese einen mächtigen Aufschwung nehmen wird" (Vogt an Werthmann, 15.10.1919).
Schwierige Anfänge
Waldmüller ließ sich in Freiburg von der Vielfältigkeit des Aufgabenfelds inspirieren. In einem Brief an Prälat Werthmann dankte er dafür, dass "Sie mich Wochen lang pflücken ließen im üppigen Garten der Caritas". Doch schon kurz nach seiner Rückkehr nach Eichstätt sah sich der Domvikar mit vielen weiteren Pflichten betraut. Ein längerer Exerzitienaufenthalt in Altötting, die Teilnahme an Volksmissionen und die Ernennung zum Bischöflichen Sekretär nahmen ihn vollends in Beschlag. Durch die neuen Aufgaben sei er "dem Felde der Caritas wieder etwas entzogen", entschuldigt er sich im Dezember 1919 in einem Brief an Werthmann (Waldmüller an Werthmann, 6.12.1919).
Wichtiger personeller Rückhalt
Trotzdem, so schrieb Waldmüller weiter, fasse der Caritasgedanke im Bistum "immer fester Fuß" (6.12.1919). Dies sei vor allem dem Wirken des ersten Vorsitzenden Vogt geschuldet. Gemeinsam mit Pfarrer Joseph Seitz aus Wachenzell kümmere er sich um eine flächendeckende Organisation der Landkrankenpflege. Überall würden Ordensschwestern, Schwestern des Dritten Ordens und vereinzelt auch weltliche Pflegerinnen dafür gewonnen. In Ingolstadt sei Pfarrer Joseph Pemsel in der Jugendfürsorge sehr aktiv. Dieser wolle auch einen Caritaskurs in Ingolstadt abhalten, was in der nächsten Vorstandssitzung beraten würde. Das Caritassekretariat hingegen sei noch immer "sehr bescheiden". Es bestehe nur "in einigen Aktenmappen, die mangels eines eigenen Lokals bei einer opferwilligen Dame, der Vorsitzenden des Frauenbundes, Unterschlupf gefunden [hätten], die auch die Geschäfte" besorge, schrieb Waldmüller im Dezember 1919. Das Caritassekretariat kümmere sich vor allem um die Unterbringung von Wiener Kindern. In Eichstätt und Ingolstadt hätte es schon einige Pflegeplätze für sie gefunden.
Caritassekretär nur nebenbei
Auch zwei Jahre nach dem Briefwechsel hatte sich die Situation für Waldmüller nicht grundsätzlich geändert. Das Amt als Caritassekretärs blieb ein Nebenberuf. In der Korrespondenz mit Freiburg formulierte Waldmüller dies als großes Defizit. "Und es bedeutet ein großes Hemmnis für den organisatorischen Ausbau der Caritas in unserer Diözese, daß ein hauptamtlicher Vertreter fehlt. So geht es nur langsam voran." Eigentlich müssten ihm "die lehrreichen Tage des Caritaskurses" beständiger Ansporn, seine "Kraft und freie Zeit der Caritas zu widmen", doch: "Leider ist der Ertrag mehr in meinen 4 Kollegheften enthalten und noch nicht Tat geworden." (Waldmüller an Zentralsekretär, 23.03.1921)
Große Ambitionen der Freiburger
Der Deutsche Caritasverband hatte große Ambitionen mit Waldmüller. Sein langer Fortbildungsaufenthalt in Freiburg, das intensive gegenseitige Kennenlernen sowie Waldmüllers Redetalent machten ihn zur geeigneten Person für eine besondere Aufgabe: die eines "Caritas-Missionars". Präsident Dr. Benedict Kreutz (1879-1949) bat in Eichstätt darum, Waldmüller für wenigstens zwei Jahre für "die gelegentliche Abhaltung von Caritassonntagen in verschiedenen Teilen Bayerns" freizustellen. Obwohl Eichstätt freundlich, aber doch unmissverständlich ablehnte, den Bischofsekretär von seinen Eichstätter Pflichten zu entbinden, hakte Präsident Kreutz mehrfach nach. Über die "vorerst negative Entscheidung" sei er "nicht wenig enttäuscht", schrieb Kreutz am 9. Oktober 1922 an Waldmüller. Und gegenüber Domkapitular Vogt versicherte er: "Wenn Sie mir auch eine Absage gaben und geben mussten, so taten Sie das doch in einer so liebenswürdigen Weise und mit einer solch inneren Verbundenheit mit unserer Caritasarbeit, daß ich die Hoffnung, Waldmüller zu bekommen nicht aufgegeben habe" (Kreutz an Vogt, 22.8.1922). Letztlich wurde kein Eichstätter Priester für dieses Amt freigestellt. Johann Baptist Waldmüller selbst entschied im Sommer 1925, die frei gewordene Pfarrstelle in Mitteleschenbach anzutreten. Noch konnte das Amt eines Caritasdirektors nicht mit der Würde einer Pfarrstelle konkurrieren.
Johann Baptist Waldmüller starb am 23. März 1960 im Alter von 72 Jahren im St. Annaheim in Deining. Ein Nachruf aus der Kirchenzeitung gibt einen kleinen Einblick in seine Persönlichkeit:
"Eine markante Priesterpersönlichkeit unserer Diözese ist heimgegangen, deren Leben und Wirken gekennzeichnet war durch rastlosen Eifer für die Sache Gottes und das Heil der Seelen. Licht der Welt war er in der Wortgewalt seiner Rede. Seinen priesterlichen Freunden bleibt er Erinnerung durch die herrliche Gabe einer gesunden Natürlichkeit und eines übersprudelnden Humors. Wer ihm je in den fast 50 Jahren seiner priesterlichen Tätigkeit begegnete, konnte spüren, wie er allen alles zu werden trachtete. Wir dürfen mit vollem Rechte sagen: "Consummatum est." Es ist vollbracht ein reiches gesegnetes Priesterleben."
Literatur
Archiv des Deutschen Caritasverbandes, Freiburg: ZA 125.20.030 Fasz.01; ZA 113.0.055 - 1919
St. Willibaldsbote (23. Jg/ Nr. 15), 10.4.1960: Nachruf Waldmüllers